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Meilensteine der Sprachentwicklung

Als Meilensteine der Sprachentwicklung bezeichnet man einzelne Entwicklungsschritte im Bereich der Sprachentwicklung, welche ein Kind auf natürliche Weise durchläuft. Die Sprachentwicklung eines Kindes ist genetisch verankert, unterliegt einem "festen Plan“ und kann aufgrund angeborener, erworbener oder von außen einwirkender Faktoren abweichen. Diese spannende Entwicklungsreise beginnt bereits im Mutterbauch und endet etwa zum Zeitpunkt der Einschulung eines Kindes. Sie gliedert sich in eine vorsprachliche und sprachliche Phase und wird in Altersabschnitte eingeteilt, wobei jeder davon prägnante Merkmale aufweist. Vom Hören und Unterscheiden in Mamas Bauch, über den Geburtsschrei, ein Jauchzen und Lallen bis hin zum ersten Wort und schließlich komplexen Satzverbindungen durchläuft das Kind eine rasante Entwicklung, die wir als Eltern und Bezugspersonen auf unterschiedlichsten Wegen liebevoll unterstützen und begleiten können.

Alle wichtige Meilensteine, mögliche Abweichungen und verschiedene Möglichkeiten der Begleitung dieser wichtigen Entwicklungsschritte durch den Einsatz von Babygebärden besprechen wir ausführlich in einem "Plauderhändchen-Babygebärdenkurs“. Gerne begleite ich Sie bei Fragen oder Unsicherheiten in Bezug auf die Sprachentwicklung Ihres Kindes! Nehmen Sie Kontakt zu mir auf oder entscheiden Sie sich für einen unserer Kurse, um direkt anhand von Fingerspielen, Liedern, Reimen und Kitzelversen eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Förderung der kindlichen Sprache und Kommunikation auszuprobieren.

Sie möchten schon im Vorfeld mehr über dieses interessante Thema erfahren, dann lesen Sie hier weiter...

Der Prozess des Spracherwerbs beginnt schon vor der Geburt Ihres Babys! Möglich wird dies durch die Fähigkeit des Hörens, die bereits in der 23. SSW vorhanden ist. So kann Ihr Baby schon im Mutterbauch Geräusche und Sprache bewusst wahrnehmen, typische rhythmische und melodische Sprachmuster erkennen und bald schon unterscheiden, ob es Musik oder die Stimme von Mama und Papa hört. Auch seine Sprechwerkzeuge trainiert es durch das Lutschen am Daumen frühzeitig.

Der Geburtsschrei ist die erste Äußerung, die Sie von Ihrem Baby hören können. Nun beginnt die vorsprachliche Entwicklungsphase, in der das Kind bis zu seinen ersten richtigen Worten alle grundlegenden Fähigkeiten erwirbt, um später sprechen zu lernen und in Kommunikation zu treten. Schon jetzt bevorzugt Ihr Baby menschliche Sprache gegenüber anderen Geräuschen, lauscht aufmerksam und beobachtet Ihre Mundbewegungen. Das Schreien wird neben seiner Mimik, Körper- und Kopfhaltung noch einige Zeit das entscheidende Mittel sein, um sich bemerkbar zu machen oder mit Ihnen in Kontakt zu treten. Dadurch wird nicht nur sein Stimmapparat, sondern auch die Kommunikationsfähigkeit mit anderen trainiert. Ihr Baby sammelt erste wichtige Erfahrungen der Selbstwirksamkeit, wenn Sie auf seine Bedürfnisse reagieren und eine feste Bindung zwischen Eltern und Kind kann entstehen.

Schon ab dem 3. Lebensmonat werden Sie feststellen, dass Ihr Baby sprachlich aktiver wird. Es äußert sich nun schon differenzierter, kann gurren, quietschen, lallen und juchzen. Auch lächelt es bewusst und reagiert mit dem sogenannten "sozialen Lächeln“ freundlich auf menschliche Gesichter. Zeigt sich seine Umwelt erfreut über diesen Fortschritt, kann Ihr Kind schon bald erste kleine Gespräche führen. Durch lautmalerische Spiele, Wiederholungen der kindlichen Laute und Ihre eigenen lautlichen Produktionen lassen Sie als Eltern einen Dialog entstehen und ermöglichen Ihrem Baby ein Verstehen des Wechselspiels zwischen Hörer und Sprecher. Diese Phase, in der das Kind mit seinen Sprechwerkzeugen, seiner Stimme und seiner Atmung experimentiert und diese Empfindungen genießt, wird als erste Lallphase bezeichnet. Diese ist ein angeborener Anteil der Sprachentwicklung und wird von allen Babys auf der ganzen Welt – auch von taub geborenen Babys - in gleichem Maße durchlaufen.

Im zweiten Lebenshalbjahr kommt Ihr Baby in die zweite Lallphase. Nun sind nicht mehr die Berührungsempfindungen im Mund- und Rachenbereich für die Sprachentwicklung entscheidend, sondern die sprachliche Anregung aus der Umgebung des Kindes. Können Babys ausreichend hören und bekommen sie sprachliche Anregungen durch ihre Bezugspersonen, verschwindet die "Internationalität“ der Lautäußerungen und sie beginnen ganze Silben und Silbenverdopplungen zu lallen. Es wird sich im Nachahmen der Lautäußerungen der Umgebung geübt und Brabbel-Gespräche bereiten große Freude. Auch entwickelt sich nun das Sprachverständnis in enormen Tempo. Bereits mit 6 Monaten werden Bedeutungen von Gesprochenem über Stimmklang und Satzmelodie erfasst. Das Baby versteht schon bald Bezeichnungen von Alltagsgegenständen, Namen von bekannten Personen und sogar kleine Fragen mit diesen Wörtern. Es wendet sich Dingen zu und zeigt auf sie. Diese ersten Zeigegesten (mit ca. 9 Monaten) und die gerichtete Aufmerksamkeit des Kindes sind wichtige Punkte in der Sprachentwicklung, denn hier kann eine gezielte partnerschaftliche Kommunikation beginnen, welche den Weg für Vokalisation, Gebärden und erste Wörter ebnet.
Sie werden von nun an regelrechte Lall-Monologe Ihres Babys vernehmen und um seinen ersten Geburtstag wohl möglich das berühmte erste Wort heraushören. Auch wenn Ihr Sohn oder Ihre Tochter noch nicht weiß, was es gerade gesagt hat, erkennt es durch Ihre überschwängliche Freude und Verstärkung rasch den Zusammenhang zwischen seinem Lallen und den glücklichen Eltern. Es erkennt von nun an, dass es Lautäußerungen Bedeutungen geben kann, die etwas Positives bewirken. Das Ende der vorsprachlichen Entwicklung ist erreicht!

Nachdem Ihr Kind seinen Lall-Monologen Bedeutung verliehen hat, wird es zwischen dem 12. und 18. Lebensmonat ca. 2 bis 10 weitere Wörter erlernen, welche sich ausschließlich auf sichtbare und konkrete Dinge seiner Umwelt beziehen und oft in einer speziellen "Kindersprache“ gesprochen werden. Aufgrund der wenigen im Wortschatz vorhandenen Wörter wendet das Kind eine Art Schlüsselwortstrategie mithilfe von Ein-Wort-Äußerungen an. Darüber hinaus kann es anhand von Mimik und Gestik des Gegenübers Verbote, einfache Fragen oder kleine Aufträge erfassen. Für all die neuen Wörter müssen auch neue Laute erworben und an bestimmte Positionen im Wort gebracht werden, die zuvor willkürlich aneinander gereiht wurden. Ihr Kind lernt zuerst Vokale und Lippenlaute und nutzt anfangs fast ausschließlich Substantive und wenige ungeformte Verben.

Zwischen dem 18. und 24. Lebensmonat erreicht Ihr Kind einen Wortschatz von ca. 50 Wörtern, gefolgt von einer wahren "Wortschatzexplosion“. Von nun an lernt das Kind im rasanten Tempo neue Wörter und erreicht innerhalb weniger Monate einen Wortschatz von ca. 200 Wörtern. Da ihm nun eine Reihe von Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung stehen, kann es zwei Wörter aneinander reihen und  sich in Zwei-Wort-Sätzen ausdrücken. Neben Substantiven und Verben nutzt es Adjektive und Possessivpronomen und kann die Mehrzahl von Dingen mithilfe des Plurals bilden. Seine Artikulation wird gezielter und deutlicher, spricht aber möglicherweise noch stark vereinfacht und wird deshalb oft nur von Ihnen als Eltern verstanden. Auch befindet sich das Kind nun im ersten Fragealter, möchte alles in seiner Umgebung kennenlernen und erfahren und versteht einfache Doppelaufträge. Sein Sprachverständnis ist seiner aktiven Sprache für Gewöhnlich weit voraus. Am Ende dieser Sprachentwicklungsphase weiten sich die Zwei-Wort-Sätze auf Mehrwortsätze aus.

Im Alter von 2 bis 2,5 Jahren werden die Sätze deines Kindes länger und grammatikalisch vollständiger. Regeln des Satzbaus können wahrgenommen und angewendet und Wörter im Satz angepasst werden. Einige Kinder sind nun bereits in der Lage, von sich als "ich“ zu sprechen oder den eigenen Vornamen zu nutzen. Der Wortschatz wächst weiterhin schnell und zahlreiche Wortneuschöpfungen können Sie zum Schmunzeln bringen. Gesprochenes im kindlichen Niveau kann meist vollständig von Ihrem Liebling verstanden werden. Die letzten Laute werden erworben und die Aussprache wird immer deutlicher. Mit der Nutzung von Fragewörtern erreicht das Kind die nächste Entwicklungsphase.

Mit diesem Erwerb der Fragewörter kommt Ihr Kind mit etwa 2,5 bis 3 Jahren in das zweite Fragealter und erweitert sein Wissen enorm, was mit einem weiteren Anwachsen des Wortschatzes verbunden ist. Die kindliche Aussprache wird nun auch von Fremden verstanden. Ihr Kind ist in der Lage, komplexe Sätze zu bilden, Wortformen zu beugen und Regeln der Sprache konsequent zu verwenden. Es kombiniert bereits Neben- und Hauptsätze miteinander, nutzt Präpositionen und bildet Fragen korrekt. Ausnahmen und kleine Fehler in der Umsetzung des rasant erworbenen Sprachwissens sind in diesem Alter völlig normal.

Im 4. Lebensjahr setzen sich das Fragealter und der schnelle Wissenserwerb fort und der Wortschatz Ihres Kindes wächst stark. Manchmal benötigt es mehr Zeit zur Planung eines Satzes, als es sich zum sprechen geben will, was zum altersgemäßen Stottern führen kann. Die Lautbildung ist nun vollständig vorhanden und der Satzbau wird auch bei komplexeren nebengeordneten Sätzen korrekter. Darüber hinaus entwickelt das Kind in diesem Alter eine erste Zeitvorstellung, möchte diese gern mithilfe von Zeitformen ausdrücken, was aber meist noch nicht zuverlässig gelingt.

Zwischen dem 4. und 6. Lebensjahr entwickelt sich der Wortschatz Ihres Kindes weiterhin rasant. So benutzt es mit 4 Jahren ca. 1500 Wörter und mit 6 Jahren bereits 5000 Wörter! Verstehen kann es zu diesem Zeitpunkt schon etwa 23000 Wörter. Das Bilden von Nebensätzen gelingt zunehmend sicherer und Zeitformen können problemlos verwendet werden. Ihr Kind spricht nun fließend, erzählt gern und viel, kann telefonieren, kleine Geschichten wiedergeben und zusammenhängend von Erlebnissen seines Alltags berichten. Mit ca. 6 Jahren bzw. zum Zeitpunkt der Einschulung verwendet Ihr Sohn oder Ihre Tochter alle Lautverbindungen und Laute korrekt und spricht grammatikalisch fehlerfrei. Die Sprachentwicklung Ihres Kindes ist nun im Wesentlichen abgeschlossen.

Bitte beachten Sie, dass jeder Mensch und so auch jedes Kind individuell und einzigartig in seiner Entwicklung ist und nicht mit anderen verglichen werden kann. Sollten Sie in der Entwicklung Ihres Kindes starke Abweichungen zu den oben aufgeführten Meilensteinen feststellen bzw. Fragen oder Sorgen bezüglich der Hör- und Sprachentwicklung Ihres Kindes haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren Kinderarzt. Gerne können wir uns im Vorfeld dazu über die Entwicklung Ihres Lieblings unterhalten und gemeinsam nach individuellen Förder- und Lösungsansätzen suchen. Einen Beratungstermin erfragen Sie bitte über das Kontaktformular, gerne mit einer kurzen Beschreibung Ihres Anliegens. 

 

Literatur: Gopnik, A., Kuhl, P. & Meltzoff, A.: Forschergeist in Windeln. Wie Ihr Kind die Welt begreift. München 2003  
                 Wendlandt, W.: Sprachstörungen im Kindesalter. Stuttgart 2000. 
                 Schmitz, E.: Und vorne geht der Elefant. Schwentinental 2018.
                 Appelbaum, B.: Gebärden in der Sprach- und Kommunikationsförderung. Idstein 2016.